Die Kommunikationsmittel im Dienst der Verständigung zwischen den Völkern
Liebe Brüder und Schwestern!
1. Wir lesen im Brief des hl. Jakobus: „Aus demselben Mund kommen Segen und Fluch. Meine Brüder, so darf es nicht sein“ (Jak 3, 10). Die Schrift erinnert uns daran, dass Worte eine ausserordentliche Kraft haben, Menschen zusammenzubringen oder zu entzweien, Bande der Freundschaft zu schmieden oder Feindschaft zu provozieren.
Das gilt nicht nur für Worte, die zwischen zwei Menschen gewechselt werden. Es gilt gleicherweise für Kommunikation auf jeder Ebene. Die moderne Technologie stellt uns ungeahnte Möglichkeiten zur Verfügung, zum Guten, zur Verbreitung der Wahrheit von unserer Rettung in Jesus Christus und zur Stärkung von Harmonie und Versöhnung. Der Missbrauch der Technologie kann jedoch unerhörten Schaden anrichten und dabei zu Missverständnissen, Vorurteilen und sogar Konflikten führen. Das für den Welttag der Kommunikationsmittel 2005 gewählte Thema – „Die Kommunikationsmittel im Dienst der Verständigung zwischen den Völkern“ handelt von einer dringenden Aufgabe: Die Einheit der Menschheitsfamilie zu fördern durch den Gebrauch, den wir von diesen grossen Möglichkeiten machen.
2. Ein wichtiger Weg zur Erreichung dieses Ziels sind Erziehung und Bildung. Die Medien können Milliarden von Menschen über andere Teile der Welt und andere Kulturen informieren. Aus guten Gründen hat Johannes Paul II. sie den „ersten Areopag der modernen Zeit“ genannt, „die für viele Hauptinstrument der Information und Bildung, der Führung und Beratung für individuelles, familiäres und soziales Verhalten geworden sind“ (Redemptoris missio, 37). Genaues Wissen fördert Verstehen, löst Vorurteile auf und weckt den Wunsch, mehr zu lernen. Besonders Bilder haben die Macht, dauerhafte Eindrücke zu vermitteln und Verhalten zu formen. Bilder lehren die Menschen, wie sie Mitglieder anderer Gruppen und Nationen einzuschätzen haben und beeinflussen sie subtil, ob sie als Freunde oder Feinde betrachtet werden, ob als Verbündete oder potentielle Gegner.
Wenn man andere in feindseliger Weise darstellt, wird der Samen für Konflikte gesät, die allzu leicht können in Gewalt, Krieg oder sogar Völkermord eskalieren können. Statt Einheit und Verständigung herbeizuführen, können die Medien dazu benutzt werden, andere gesellschaftliche, ethnische und religiöse Gruppen zu dämonisieren und dabei Furcht und Hass zu schüren. Wer für Stil und Inhalt dessen verantwortlich ist, was über die Medien vermittelt wird, hat die gravierende Pflicht sicherzustellen, dass gerade das nicht geschieht. In der Tat haben die Medien ein grosses Potential, Frieden und Brückenschläge zwischen den Völkern zu fördern sowie den fatalen Kreislauf von Gewalt, Unterdrückung und erneuter Gewalt, der heute so weit verbreitet ist, zu durchbrechen. Mit den Worten des hl. Paulus, die den Kerngedanken der diesjährigen Botschaft zum Weltfriedenstag formulieren: „Lasst dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute“ (Röm 12, 21).
3. Wenn ein solcher Beitrag zur Friedensstiftung eine der wichtigen Methoden ist, mit denen die Medien Völker zusammenbringen können, so ist der Einfluss der Medien für die rasche Mobilisierung von Hilfe bei Naturkatastrophen eine andere. Es ging zu Herzen, als man sah, wie schnell die internationale Gemeinschaft vor einem Monat auf den Tsunami reagierte, der zahllose Opfer forderte. Die Geschwindigkeit, mit der Nachrichten sich heute verbreiten, erhöht natürlich die Möglichkeit, rechtzeitig praktische Massnahmen für maximale Hilfeleistung zu ergreifen. Auf diese Weise können die Medien sehr viel Gutes bewirken.
4. Das Zweite Vatikanische Konzil rief uns folgendes in Erinnerung: „Die rechte Benutzung der sozialen Kommunikationsmittel setzt bei allen, die mit ihnen umgehen, die Kenntnis der Grundsätze sittlicher Wertordnung voraus und die Bereitschaft, sie auch hier zu verwirklichen“ (Inter mirifica, 4).
Das grundlegende ethische Prinzip ist folgendes: „Der Mensch und die Gemeinschaft der Menschen sind Ziel und Masstab für den Umgang mit den Medien. Kommunikation sollte von Mensch zu Mensch und zum Vorteil der Entwicklung des Menschen erfolgen“ (Ethik in der Sozialen Kommunikation, 21). Zunächst müssen dann die Medienschaffenden selbst in ihrem eigenen Leben die Werthaltungen an den Tag legen, die sie anderen vermitteln sollen. Vor allem muss dies ein echtes Engagement für das Gemeinwohl einschliessen – ein Gut, das nicht begrenzt ist durch die engen Interessen einer besonderen Gruppe oder Nation, sondern die Bedürfnisse und Interessen aller umfasst, das Wohl der ganzen Menschheitsfamilie (vgl. Pacem in terris, 132). Die Medienschaffenden haben die Möglichkeit, eine wahre Kultur des Lebens zu fördern, indem sie sich von der heutigen Verschwörung gegen das Leben distanzieren (cf. Evangelium vitae, 17) und die Wahrheit über den Wert und die Würde jedes Menschen vermitteln.
5. Das Modell und Grundmuster aller Kommunikation findet sich im Wort Gottes selbst. „Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu unseren Vätern gesprochen durch die Propheten. In dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen duch den Sohn“ (Hebr 1, 1-2). Das Inkarnierte Wort hat einen neuen Bund errichtet zwischen Gott und seinem Volk – einen Bund, der uns in Gemeinschaft untereinander verbindet. „Denn er ist unser Friede. Er vereinigte die beiden Teile (Juden und Heiden) und riss durch sein Sterben die trennende Wand der Feindschaft nieder“ (Eph 2, 14).
Ich bete an diesem Welttag der Kommunikationsmittel, dass die Männer und Frauen in den Medien ihren Teil dazu leisten, die trennenden Mauern der Feinschaft in unserer Welt einzureissen, jene Mauern, die Völker und Nationen voneinander trennen und dabei Missverstehen und Misstrauen nähren, dass sie die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel dazu nutzen mögen, die Bande der Freundschaft und Liebe zu stärken, die ein klares Zeichen für den Anbruch des Reiches Gottes hier auf Erden sind.
Aus dem Vatikan, 24. Januar 2005, am Fest des hl. Franz von Sales.
IOANNES PAULUS PP. II